Hunsrücker Platt

 

Die Lebensgeschichte

von Erich Franz

Kapitel I - Kindheit

Kapitel II - Jugendzeit und Nationalsozialismus

Kapitel III - Nachkriegszeit

Kapitel IV - Anfang einer neuen Zeit



Kapitel II - Jugendzeit und Nationalsozialismus
 

Diese zwei Kapitel, ich habe es versucht, waren nicht von einander zu trennen. So sehr war unser Leben von der Nazi-Herrschaft beeinflusst. 1933 war die so genannte Machtübernahme der NSDAP des III Reiches.

Das machte sich schnell überall bemerkbar. Der 20. April - Führers Geburtstag - wurde zum Nationalfeiertag. Es wurde angeordnet dass alle Häuser zu schmücken sind, die Hakenkreuzfahne raus zuhängen.

Mittlerweile war festzustellen dass sich das Dorf spaltete. Es gab eine begeisterte Mehrheit für, aber auch Gegner. Ich kann, mich noch schwach daran erinnern, das bei der damaligen Wahl 100 % der Wähler Adolf Hitler und die NSDAP gewählt haben. Man hat sich nicht getraut etwa anderes zu wählen. Es gab noch sehr wenige Radios, aber wenn der Führer zu (seinem) Volke sprach wurden alle Geräte auf volle Lautstärke gedreht, dass es durch das ganze Dorf schepperte. Die Stärke der Parteimitglieder war von Dorf zu Dorf sehr unterschiedlich. In Wohnroth waren es wenige. Krastel war Parteihochburg. Man war auch innerhalb der Familien und Verwandten verschiedener Ansichten. Wenn wir Besuch von Vater und Mutters Geschwister hatten ging es schon mal zur Sache. Da traf Zurückhaltung und Skepsis auf helle Begeisterung. Jede Ortschaft hatte außer dem Vorsteher einen Obmann der die Parteiinteressen vertrat.
Es gab seiner Zeit auch viele Menschen die Hilfe brauchten und nicht satt zu Essen hatten. Schulkinder waren aufgerufen alle 14 Tage Brot zu sammeln. Wir sind mit dem Handwagen durch das ganze Dorf, es war kein Vergnügen, wir waren nicht immer willkommen. Im Nachbardorf Krastel wurde das Brot abgegeben.

Zwei junge Männer aus dem Dorf hatten sich erlaubt das ganze Gehabe der Nazis mal negativ zu betrachten. Das brachte Ihnen eine Festnahme und sie konnten sich einige Tage in einer Zelle erholen und nachdenken.

Ich wurde am 17. März 1940 in der Beller Kirche konfirmiert.
Am 1. Juni 1940 begann ich meine Lehre im Elterlichen Betrieb und machte am 4.12.1943 meine Stellmacher-Gesellenprüfung.

Im ersten Jahr war Bruder Helmut mit dabei in der Werkstatt. Unser Meister und Vater schaffte es immer uns Vollzeit zu beschäftigen.
Auch nach dem Abendessen meinte er fast immer, es müsste noch was getan werden. Wir könnten bei zu viel Freizeit auf dumme Gedanken kommen, was er damit gemeint hat weis ich heute noch nicht. Ansonsten war er sehr korrekt, konnte aber auch bei Kleinigkeiten ausrasten. Zum Beispiel beim Anlassen vom Hauptmotor, wo über Transmission alle Maschinen angetrieben wurden. Zu schnell hoch geschaltet, flog die Sicherung raus. Das war ein Anlass zur einer kräftigen Ohrfeige. (war da noch eine Sicherung zu schwach ??) Das ganze Übel war, die gesamte Stromversorgung war zu schwach ausgelegt. Seinerzeit wurde so was (wie paar Ohrkappe) als normal angesehen und gehörte bei der Erziehung dazu.

Im Januar 1941 erkrankte mein Bruder Helmut. Bei einer zu spät erkannten Blindarmentzündung kam jede Hilfe zu spät. Unsere Eltern brauchten lange das zu überwinden und gaben sich die Schuld, zu spät reagiert zu haben.

Die Jahre meiner Jugend waren geprägt durch den II. Weltkrieg. Dauer September 1939 – Mai 1945.

Ende der 30 er Jahre war auf dem Hunsrück allerhand los. Die Hunsrückhöhenstraße wurde im Eiltempo für Militärtransporte ausgebaut.
Der Wald zwischen der Hunsrückhöhenstraße und Hasselbach wurde komplett gerodet, hier sollte auf die schnelle ein Flugplatz entstehen doch die Zeit hat nicht mehr gereicht ihn fertig zustellen.

Schon in den Anfängen der Nazi-Herrschaft machte sich eine Missachtung der Juden bemerkbar, es wurde immer schlimmer! Sie mussten sich als Juden kennzeichnen und wurden regelrecht verfolgt. Die Synagogen wurden zerstört und niedergebrannt. Viele flüchteten ins Ausland um den Konzentrationslager zu entkommen.

Es kam so, wie viele schon vermutet hatten, die Befürchtungen, dass es zum Krieg kommt verstärkten sich. Deutsche Truppen marschierten in Österreich ein und wurde dem deutschen Reich einverleibt. Die Sudetendeutschen wurden befreit ? Im September 1939 überfällt Hitlers Armee Polen. Das Unheil nahm seinen Lauf. England und Frankreich erklärten Deutschland den Krieg. Die Truppen, ganze Armeen, wurden nach Westen verlegt. Zeit der Einquartierung!
Alle Dörfer, auch größere Bereiche, wurden mit allem, Pferde und Wagen kompletter Ausrüstung belegt. So war es auch bei uns, Hof und Scheune waren mit Soldaten und Pferden belegt. So was in einem kleinen Dorf, das war für Kinder ein Erlebnis. In der Küche wurde ein Tisch dazu gestellt. Alle, die Familie und sechs Soldaten gemeinsam in der Küche. Wir Kinder haben das Soldatenessen aus der Gulaschkanone und die Soldaten unser Essen aus der heimischen Küche. Das war die gute Seite, aber es wurde ernst.

Der Frankreich Feldzug begann, auf der Hunsrückhöhenstraße rollten die Truppen mit allem Pferd und Wagen mit schweren Gerät nach Westen. Ein Lied erklang: ,,Über Maas, Schelde und Rhein marschieren wir siegreich nach Frankreich hinein.

Bei Blankenrath war ein Notflughafen, dort starteten pausenlos Jagdflugzeuge zur Unterstützung der Bodentruppen. Wir sind dahin gelaufen und haben uns das alles angesehen. Doch die Euphorie bekam ihren Dämpfer als die ersten Verwundeten und Toten zu beklagen waren. Die ersten Luftangriffe der Kriegsgegner begannen und es kam zu schweren Kämpfen zu Wasser und in der Luft, unsere Städte wurden mit Spreng- und Brandbomben in kürzester Zeit verwüstet.

Vormilitärische Ausbildung

Mit 16 Jahren mitten in der Lehre, kam der Bescheid zur vormilitärischen Ausbildung im Wehrertüchtigungslager (WE) in Asbach im Westerwald. Der Name sagt schon alles, ich muss heute sagen, da ging alles korrekt und auch ohne größere Schikanen über die Bühne.

Adolf Hitler und seine Handlanger Goebbels, Göring und Himmler, um nur einige zu nennen hetzten das Volk weiter auf für das deutsche Vaterland zu kämpfen.
Plötzlich, es war an einem Sonntagmorgen, kam die Nachricht der Kriegserklärung an Russland. Mein Vater war sichtlich geschockt ,,das nimmt kein gutes Ende“ sagte er nur und sollte damit Recht behalten.

Arbeitsdienst

Ende September 1943 wurde ich für drei Monate zum Arbeitsdienst einberufen, das war für mich, ohne zu übertreiben keine schöne Zeit war. (Wo gab es die noch ??) Die Schikanen waren derart deprimierend, ...einfach zum weglaufen. Stramm stehen war eine Kunst egal wie, es war immer was auszusetzen. Kopf hoch, Brust raus, Bauch einziehen, Hände an die Hosennaht, beide Füße korrekt nebeneinander“.
Ich hatte in den 3 Monaten nicht einmal Ausgang durfte immer am Wochenende in der Baracke bleiben. Wir hatten vorher immer Appell? Antreten, ob alles bei uns ordentlich war? Das Pech hat mich verfolgt, mal hat man einen fast unsichtbaren Flecken an der Hose entdeckt, dann mal einen Knopf nicht zu. Dann, das schlug dem Fass den Boden aus, fehlte mir ein Nagel an dem rechten Schuh.

So vergingen drei Monate fast ohne sinnvolle Beschäftigung bis auf eine Ausnahme, der wir Jungen fast noch nicht gewachsen waren.
Wir wurden abgestellt für einen Verwundetentransport an der Bahn auszuladen und ins Lazarett zu bringen. Da hatten wir doch gar keine Kenntnisse wie man mit so was umgeht.
Bis zum provisorischem Lazarett klappte es noch, doch hier mussten die Verletzten teilweise ohne Aufzug über Treppen in höhere Etagen gebracht werden. Mit dem ersten Anblick was so ein Krieg anrichten, so was enden kann, war schon schlimm.
Auch diese Zeit ging vorbei egal wie .
Es tut mir heute weh wenn ich wie jetzt beim schreiben daran denke.

Musterung für Wehrdienst

Das Rad, drehte sich immer weiter, schon kam mit der Post der Bescheid zur Musterung für den Wehrdienst (Bedingt tauglich war das Ergebnis). Das Jahr 1943 neigte sich dem Ende zu, es gab ein bedrückendes Weihnachtsfest. Alle ahnten dass im neuen Jahr schlimmes bevorstand. Der Russlandfeldzug brachte ein Massensterben auf beiden Seiten. Im Westen bereitete man sich auf die Angriffe der Alliierten in der Normandie vor.

Einberufung

Im März bekam ich den Stellungsbefehl (Einberufung). Die Aufnahme fand im Saarburg statt. Es folgte die Durchschleusungsstelle Metz. Hier wurden wir eingekleidet und mit allem notwendigen ausgestattet.
Das nächste Ziel war die Reise über Paris in die Normandie in Balinghem bei Calais war in einer Schule unsere Unterkunft. Anschrift : (Inf. Gesch. Ers. Kp. 112 )
Wir waren in Gruppen zu 12-15 (Kameraden) in dem kleinen Quartier aufgeteilt. Die Grundausbildung war kein Problem für mich obwohl ich mit 55 Kilo schmächtig war, gut mithalten. In kleinen Gruppe mit einem Unteroffizier aus der Pfalz waren wir gut bedient, im Gegensatz zu unserem Spieß dem Hauptfeldwebel Deibel ,der Name war Programm, da ging es auch schon mal zur Sache. Beim Morgenappell vom ganzen Zug musste alles klappen, wenn nicht sah der Gute rot und es hieß: ,,Nach rechts weg, Marsch-Marsch, halt. Rechts um, Marsch-Marsch, hinlegen, auf meine Höhe vorrobben“ und das über einen frisch gepflügten Acker.



Zurück in der Unterkunft, Essenempfang und den Hunger stillen, der Appetit war gut das Essen nicht immer. Jetzt war Klamottenreinigen angesagt und Antreten zum weiteren Dienst. Es musste stets einer gefunden werden zum Wache schieben, da kam man nicht immer dran vorbei. Eines gehört hier mit dazu: zu Zweit wurden wir abgestellt einen Kartoffeltransport zu sichern. Mit Pferd und Wagen Kutscher und weitere Personen. Am Bahnhof im 5 Kilometer entfernten Port Ardress wurden die zwei Wagen beladen. Auf dem Rückweg sollten wir erfahren warum die Kolonne begleitet werden sollte. Am Wegesrand fanden sich Personen ein und wir mussten feststellen dass die Kartoffeln auf dem Wagen weniger wurden. Was sollten wir zwei tun? Die anderen zu sechst, wir hatten nur Karabiner mit Exerzierpatronen im Lauf. Das ganze hielt sich doch in Grenzen und wir beide haben es nicht gesehen. (war besser so)

Die Sache wurde langsam ernst, antreten zum ersten Scharfschießen im Gelände auf Pappkameraden (Schilder mit Oberkörper). Mit einen Langlauf–Karabiner aus dem ersten Weltkrieg mussten wir die Ziele treffen. Ich hatte Glück und hatte gut getroffen. Ich war selbst überrascht und bekam zur Belohnung Dienstfrei.
Wache schieben kam selten vor, wenn doch, ...als Einzelposten in der Nacht hat man schon seine Bedenken in einem fremden Land.

Am 20. Juli 1944 erfolgte das missglückte Attentat auf den Führer. Das war Anlass den Gruß zu ändern. Den mussten wir zuerst lernen. Mit ausgestreckter Hand beim Ausbilder vorbei marschieren. Ich bekam Probleme, weil meine Hand damals schon nach unten gebogen war. Es sollte aber genau umgekehrt sein . Auch mehrmaliges ,,zurück Marsch- Marsch“, machte die Hand nicht gerade.

Feldstellung beziehen

Am 6.Juni 1944 war der Sturmangriff auf die Befestigungsanlagen in der Normandie. Die deutschen Truppen wurden überrascht, da man den Hauptangriff im Raum Calais erwartet hatte. Hier war auch das ganze Gebiet mit Rommel Spargel - mit Pfosten und Stacheldraht verbautes Gebiet - versehen um Luftlandetruppen zu verhindern. Ab sofort mussten wir Feldstellungen beziehen und wurden in Bunkern untergebracht. Mit V I Raketen startete Deutschland Angriffe auf das englische Festland. Mit wenig Erfolg. Sie erreichten oft nicht Ihr Ziel und brachten uns durch Abstürze in Gefahr. Unsere Truppe wurde alsbald verlegt und in Port - Ardres verladen. Wohin es gehen sollte war unbekannt und endete abrupt, wir hatten keine Ahnung. Nach einigen Tagen auf dem Gleis war Ausladung. Im nahe gelegenen Ort wurden etliche Zugpferde beschafft und die bespannte Truppe setzte sich in Bewegung. Hoch zu Ross die Aufpasser, alle anderen zu Fuß hinter dem ganzen Tross um die Pferde zu schonen. Es dauerte einige Tage. Ein Bogen durch Belgien und weiter nach Breskens. Es waren Strapazen die ich gut verkraftete, dank der Ausbildung und guter Vorbereitung. Am Wegesrand mehrten sich die Zeichen des Kampfes. Immer wieder frei laufenden Pferde, zerschossenes Gerät der Jagdbomber, die uns stets bedrohten.
Vor Breskens war bis zum Hafen nur noch eine Gasse, auf beiden Seiten meterhoher Schrott kaum ein durchkommen. Alles was nicht ganz notwendig war, musste zurück bleiben. Auch die Reitpferde die noch nicht verzehrt waren. Wir waren heilfroh, als die Fähre zur Überfahrt nach Vlissingen erreicht war und auf die Fähre mit allem was dazu gehörte. Mit bangen Blicken und mulmigem Gefühl, zwei Pferde rechts und links am Halfter, die Luftabwehrgeschütze und die über uns kreisenden Jagdbomber stets im Blick, erreichten wir Vlissingen. Im Eiltempo ging es von der Fähre und weiter zu Fuß über Rosental -Breda bis nach Herzogenbusch.

In diesem Gebiet zwischen Herzogenbusch und Nimwegen waren Fallschirmspringer gelandet. Dort kamen wir zum Einsatz. Ein erfahrener Obergefreiter wurde zum Geschütz und Gruppenführer abkommandiert. Ausgerüstet mit einem Panzerabwehrgeschütz bezogen wir in der Deckung Stellung um Panzer abzuwehren und die Straße zu sichern war der Befehl.
Ohne Vorwarnung wurden wir plötzlich beschossen und hatten den ersten toten 17 jährigen Kameraden zu beklagen. Ohne den Obergefreiten, der uns zugeteilt, wäre ich hilflos gewesen. Mit seiner Hilfe und Erfahrung schafften wir den Rückzug durch einen total zerstörten Ort zu unserer Einheit. Hier bedankte sich der Kompanieführer für unseren tapferen Einsatz (??) mit einem Händedruck, er war sichtlich froh uns wider zu sehen.

Verletzung

Nach einigen Tagen an verschiedenen Einsatzorten kamen wir zu einem Waldgebiet mit vorgelagerten Hecken und kleinem Gehölz. Hier gruben wir uns ein (nur so groß, dass man grade rein passte) und verbrachten einige Zeit fast nur in diesen Löchern. Zum Essenempfangen mussten wir wohl oder übel raus. Auf der kurzen Strecke, die vermutlich vom Feind einsehbar war, kam es zum Artilleriebeschuss. Ich wurde schwer verwundet das linke Fersenbein und Achillessehne war zerfetzt, ein weiterer Splitter verletzte mich am rechten Oberschenkel, war nur eine Weichteilwunde. Nach erstem Verband wurden wir, es gab noch einen Verletzten, mit einem Eisenbereiften Pferde-Kastenwagen zu einem etliche Kilometer entfernten Truppenverbandsplatz gebracht und in Empfang genommen. Hier lässt mich mein Gedächtnis im Stich.

Es waren vermutlich zwei Tage bis ich wach wurde und wir auf einen Schleppkahn verladen wurden. Das Ziel: ein Krankenhaus Lazarett in Rotterdam. Der Kohlekahn war für solche Transporte auf keinen Fall geeignet. Keine Lüftung, voll mit mehren Reihen Etagenbetten mit lauter Schwerverletzten.
Man kann es kaum beschreiben: nässende Wunden, stöhnende Menschen, üble Gerüche und keine Medizinische Versorgung. Was dann passierte gab uns den Rest. Stürmische Winde drückten den Schleppkahn seitlich weg und er prallte in voller Fahrt gegen einen Brückenpfeiler. Der Kahn war so geschädigt dass eine Weiterfahrt nicht möglich war.
Es vergingen fast zwei Tage bis Hilfe kam und wir ausgeladen wurden, endlich in Rotterdam ein Bett zur Verfügung hatten und versorgt wurden.

Verbandswechsel

Es folgte nach soviel Tagen der erste Verbandswechsel. Der Verband fest und eingewachsen. Mit zwei Händen hat der Arzt den Verband abgezogen, zwei Personen mussten mich festhalten. Die Schmerzen waren schlimm. Man legte das Bein auf eine Blechschiene und fertig ??. Im Bericht diktiert der Arzt eine zwei Handteller große Wunde und die auf einer Blechschiene. Aber es geht alles vorüber. Nach einer Woche und Fahrt über die Südersee und einige Tage in Amsterdam erreichten wir endlich ein ordentliches Lazarett. Im Krankenhaus in Leuwarden wurden wir sofort fachgerecht versorgt und ich bekam eine Gips-Schiene und ein Galgen. Ich konnte mich endlich auf den Rücken legen und konnte auch meine Verletzung mal selbst ansehen. Die sichtbaren Knochenstücke wurden später einfach weggebrochen. Am rechten Bein eine sechs Zentimeter lange Fleischwunde die gut verheilte. Es war eine gute Zeit ich konnte mich erholen. Es dauerte noch lange bis ich das erste mal das Bett verlassen konnte. Wir konnten uns frei bewegen. Es gab kein Rollator, keine Gehstützen, noch nicht einmal einen Stock. Man lernt in jungen Jahren auch damit umzugehen. Ich hopste bald auf einem Bein durch das ganze Haus bis an die frische Luft. (ein Genuss nach so langer Zeit.)

Mit dem Ende des Krieges kamen wir alle in Gefangenschaft und wurden sofort nach Deutschland verlegt. In Jever im Raum Oldenburg auf einem Bahngleis, Viehwaggons und Strohlager war unsre neue Bleibe. Ein Achtel Kommissbrot und ein Schöpflöffel Suppe war die ganze Verpflegung für einen Tag und das für Wochen. Der Raum Oldenburg war ein großes Internierungsgebiet, wo wir uns so weit wie möglich, frei bewegen konnten. Ich hatte jetzt auch einen ,,änfache Stegge“, besser als nix. Bei umliegenden Bauernhöfen fanden wir Unterstützung und mal satt Essen.
Wir wurden dann nochmals verlegt, in ein ehemaliges ARD Lager. Hier war es wesentlich besser und waren auch nicht allein im Zimmer und Bett. Kleine Krabbeltiere (Läuse) muss man auch mal kennenlernen.

Nachricht in die Heimat

Jetzt hatte ich auch Gelegenheit mich zu Hause mal zu melden, die sehnsüchtig auf Nachricht von mir warteten. Es war nicht einfach, da nur die Lateinschrift akzeptiert wurde. Wir hatten das in der Schule nicht gelernt und so musste ich mir ein Löschblatt mit Lateinschrift besorgen. Nach dieser Nachricht und der Möglichkeit kamen überraschend Vater und Schwester mich besuchen.
Die Zeit verging und Weihnachten nahte. Ich schrieb nochmals und meinte ich wäre Weihnachten nicht zu Hause.

Vater und Mutterliebe kennt keine Grenzen und scheut auch keine Risiken. Mein Vater stand eines Tages vor mir, ich war ganz überrascht. Er sagte nur: ,,mär haue ab“. Ich sagte wie soll das gehen? mach voran on flott, Ich hon alles geplant.
Auf die schnelle und heimlich haben wir das Lager verlassen. Die Kleidung gewechselt und mit dem Bus nach Wilhelmshaven, dann weiter nach Oldenburg. Hier verbrachten wir im vollbesetzten Zug die ganze Nacht bei Minus 10 Grad.
Es war bekannt dass hier kontrolliert wird. Auch hier hatte Vater vorgesorgt, und hatte einen Pass dabei, mit einem mir ähnlichen Foto. Die Beleuchtung war schlecht und das war gut. Wir hatten die Kontrolle und das Herzklopfen überstanden. Nach einem kleinen Stopp in Duisburg geht es weiter in Richtung Heimat. Umsteigen mussten wir Köln. Alle Abteils waren überfüllt wir trennten uns. Ich benutzte ein Behindertenabteil. Ich war zwar behindert hatte aber keinen Ausweis und Pech dazu. Die Kontrolle hatte kein Erbarmen und ich musste in Köln-West aussteigen.
Was nun? Die einzige Möglichkeit weiter zu kommen war zurück zum Hauptbahnhof Köln... ohne festes Schuhwerk. Ein bisschen Glück war mir hold und ich erreichte einen Schnellzug mit Haltestelle in Boppard. Ich sah dort den Vater auf dem Bahnsteig suchend umher laufen, er dachte ich wäre schlafend weiter gefahren und überrascht als ich mit dem nächsten Zug kam.

Ende gut alles gut. Endlich wieder glücklich und zufrieden zu Hause.

zrick an de Anfang

Kapitel III