Hunsrücker Platt

zrick zu de anere Sprich

 

Klage eines Schöffen (Bürgermeisters)

 
aus dem Hunsrücker Heimatkalender 1953 von Johann Peter Bohn (1796 – 1861) war von 1823 – 1840 Ortsbürgemeister in Völkenroth

Do schlah doch alle Wärer drin

de Deiwel mah meh Scheffe sinn!

Vunn jerem dumme Sackerment

wird mer geutzt und ausgeschennt.

Da schlage doch alle Wetter hinein

der Teufel mag kein Schöffe mehr sein!

Von jedem dummen Sackerment

Wird man geuzt und ausgeschimpft.

 

 

Mer michts,stellt mer sich wie mer will,

nit rächt; dä Aehn ,dä träht en Brill,

seiht dodurch doppelt unn genau

det Spänche in des Scheffe Au.

Man macht es, stellt man sich wie man will,

nicht recht; der eine trägt eine Brille,

sieht dadurch doppelt und genau

den Span in des Schöffen Auge.

 

 

Dä Anner sieht unn heert fast neist,

datt is en Hetzhund unn dä beißt

recht schalkig,unn dä dritte Mann

scheind ehm die Ehr aw,wo er kann.

Der Andere sieht und hört fast nichts,

das ist ein Hetzhund und der beißt

recht spaßig, und der dritte Mann

schneidet einem die Ehre ab, wo er kann.

 

 

Is er zu streng,dann häßts,der Hans

will uns verungeneere ganz.

Is er gedillig,braucht Verstand,

wird er en Schlockckerkopp genannt.

Ist er zu streng, dann heist es der Hans

will uns unterdrücken ganz.

Ist er geduldig, braucht Verstand,

wird er ein Schlockerkopf genannt.

 

 

In allem watt im Ort geschieht,

do is datt altbekannte Lied:

Dä Scheffe, dä is Schuld daran,

geht ihn die Sach aach garneist an.

In allem was im Ort geschieht,

da ist das alt bekannte Lied:

Der Schöffe, der ist Schuld daran,

geht ihn die Sache auch gar nichts an.

 

 

Do schreit en Fraa durcht ganze Doref,

mei Ferkelsau die hott verworef,

weil sie dä Heertebub geschlahn,

do is dä Scheffe schuld daran.

Da schreit eine Frau durch das ganz Dorf,

meine Ferkelsau die hat verworfen,

weil sie der Hirtenbube geschlagen,

da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

Kumm Nohber, unn besieh doch nur

die Multerhäf in Wies unn Flur,

wie is verwuhlt de ganze Bann,

do is dä Scheffe schuld daran.

Komm Nachbar, und beschau doch nur

Die Maultierhäufe in Wiese und Flur,

wie verwühlt ist die Gemarkung,

da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

Wie neerig breicht eich Fritz unn Jul,

de Deiwel huhl die Summerschuhl,

die is vor neist, et is in Schann,

do is dä Scheffe schuld daran.

Wie nötig bräuchte ich Fritz und Jul

der Teufel hole die Sommerschule,

die ist für nichts, es ist eine Schande,

da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

Do kimmt in Fraa in seine Stuh,

spiktakelt,datt ehr Nohberschbuh

die Äppel vun däm Baam geschlahn,

do is dä Scheffe schuld daran.

Da kommt eine Frau in seine Stube,

schimpft, das ihr Nachbarsbube

die Äpfel von dem Baum geschlagen,

da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

Dä Schitz is kä Peif Tuwak wert,

et is schunn Maidag unn mer fährt

noch durch die Wiese mit dem Wahn,

do is dä Scheffe schuld daran.

Der Schütz ist keine Pfeife Tabak wert,

es ist schon Maitag und man fährt

noch durch die Wiese mit dem Wagen,

da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

En Grindkopp schreit,watt honn mer Wäd

uff uhser Brooch unn uff der Häd

unn nirjents is datt Furer rar

unn doch sinn noch die Hämmel mahr

Ein Grindkopf schreit, was haben wir Weide

auf unserer Brach und auf der Heide

und nirgends ist das Futter rar 

und doch sind die Hämmel mager.

 

 

De Heert krieht nitt en Wort gesaht

vumm Scheffe und Gemänerat.

Gemänerat wat will däh sahn?

Do is dä Scheffe schuld daran.

Der Hirte bekommt nicht ein Wort gesagt

vom Schöffen und Gemeinderat.
Gemeinderat was will der sagen?
Da ist der Schöffe schuld daran
.

 

 

De Wächter bläst nitt jere Stunn,

unn durch die Steier sinn die Hunn,

die et Dorf bewache, doht geschlahn,

do is dä Scheffe schuld daran.

Der Wächter bläst nicht jede Stunde, 

und durch die Steuer sind die Hunde          

die das Dorf bewachten, tot geschlagen,     

da ist der Schöffe schuld daran

 

 

Wenn änem seine Kuh nit stiert,

däm annere seine Sau nit biert,

do heert mer dä Hännickel sahn:

do is dä Scheffe schuld daran.

Wenn einem die Kuh nicht fruchtbar ist,    

dem anderen seine Sau nicht fruchtbar ist,

dann hört man den Hannickel sagen:          

da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

Gitt er in däm Gemänehaus

die Klassesteierzettel aus,

dann wird gelärmt und räsoneert,

eich gläw, datt mert im Monde heert.

Gibt er im Gemeindehaus  

die Klassensteuerzettel aus,                   

dann wird gelärmt und geschimpft,              

ich glaube, das man es auf dem Monde hört

 

 

En jeerer hott zuviel, unn säht

de Scheff: eich hon auch nit erheht,

datt hott die Kommisjohn gedahn,

dann häßts: nä dou bist schuld daran.

Ein jeder hat zuviel, und sagt
der Schöffe: ich habe es nicht erhöht, 

das hat die Kommission getan,                  

dann heißt es: nein du bist schuld daran.

 

 

Unn wird die Ufflah erscht bekannt

ufft Hulz unn ufft Gemäneland:

sah Scheffe , Hiemel alle Welt

wo kimmt nor hien datt viele Geld?

Und wird die Umlage erst bekannt               

auf Holz und auf Gemeindland                   

sag Schöffe, Himmel und Welt                    

wo kommt nur hin das viele Geld

 

 

Sechs Dahler jerer Birjersmann,

do sinn die Scheffe schuld daran,

die wäsche ehre Hänn dodrinn,

kommt loßt uns no Brasilje ziehn.

Sechs Taler jeder Bürgersmann,                 

da sind die Schöffen schuld daran,             

die waschen ihre Hände darin,                 

kommt lasst uns nach Brasilien ziehen.

 

 

O Gott, watt steht dä Scheffe aus,

watt heert mer in unn außern Haus,

wievielmohl wird Alarm geschlahn?

Do is dä Scheffe schuld daran.

O Gott, was steht ein Schöffe aus,             

was hört man im und aus dem Haus,

wie viel mal wird Alarm geschlagen?            

Da ist der Schöffe schuld daran.

 

 

Doch is sei Trost, dä liewe Gott

hott mit dä Baure aach sei Not,

fillt er en Speicher unn de Schrank,

sahn sie ihm doch nit viel Großdank.

Doch ist sein Trost der liebe Gott                

hat mit den Bauern auch seine Not,            

füllt er den Speicher und den Schrank,    

sagen sie ihn doch nicht viel Dank

 

 

Wenn Arme kumme in de Ort,

dann schreit mer Dunnerkeil unn Mord,

datt wird dem Scheffe uffgeriew,

datt nit dat Pack wird ausgetriew.

Wenn Arme kommen in den Ort,

dann schreit man Donnerkeil und Mord,

das wird dem Schöffen aufgerieben,

das nicht das Pack wird ausgetrieben.

 

 

Mer hott aach manche brave Mann

in der Gemän, eich kannt auch sahn,

dä nie duht in däm Weertshaus prahle

unn gär sie Steire duht bezahle.

Man hat auch manchen braven Mann

in der Gemeinde, ich kann es euch sagen

die nie im Wirtshaus prahlen

und gerne seine Steuern tut bezahlen.

 

 

Die freie sich beim Wasserkrug,

bekimmre sich nor um de Pflug,

der Wachtelschlag, der Lerche Lied

erhebt zum Himmel ehr Gemieth.

Die freuen sich beim Wasserkrug,

bekümmern sich nur um den Pflug,

der Wachtelschlag, der Lerche Lied

erhebt zum Himmel ihr Gemüht.

 

 

Bei dähne is gut Scheffe sinn,

die folge wie die kläne Kinn.

Doch bei dem unzefrierene Chor

do hälts de Deiwel aus drei Johr!

Bei denen ist gut Schöffe sein,                   

die folgen wie die kleinen Kinder.            

Doch bei dem unzufriedenen Chor                

da hält der Teufel es aus drei Jahre!

 

 

De ähn is klug unn zu gelehrt,

en Annrer is kumplett verkehrt,

de Dritt, datt is en Gruwerjahn,

unn die Drei richte Unhäl ahn.

Der eine ist klug und zu schlau,

der Andere ist komplett verkehrt,

der Dritte, das ist ein Grobian,

und diese Drei richten Unheil an.

 

 

Sinn so drei Mann in der Gemähn,

dann gläwt mer, sie is korz unn klähn

verdoreb, sie rackle alles uff,

besunnersch, wenn se sinn besuff.

Sind so drei Männer in der Gemeinde,

dann glaubt mir, sie ist kurz und klein

verdorben, sie rütteln alles auf,

besonders, wenn sie sind besoffen.

 

 

Unn gehret nit no ehrem Sinn,

dann willense gleich noh Berlin

dem Keenig ehr Beschwerde sahn

unn die Beamte all verklahn.

Und geht es nicht nach ihrem Sinn,

dann wollen sie gleich nach Berlin

dem König ihre Beschwerde sagen

und die Beamten alle verklagen.

 

 

Drumm schlah doch alle Wärer drinn,

de Deiwel mah mehr Scheffe sinn!

Vor die paar Grosche, wo mer krieht,

wird ähm die Ehr noch awgeschniet.

Darum schlag doch alle Wetter hinein,

der Teufel mag kein Schöffe sein!

Für die paar Groschen, die man bekommt

wird einem die Ehre noch abgeschitten.

 

 

Drum korz unn gut, et bleiwt derbei,

eich sahn et ohne Forscht und Scheu,

de Kuckuck huhl datt Scheffeamt,

mer wird bis in die Hell verdammt.

Darum kurz und gut, es bleibt dabei,

ich sag es ohne Furcht und Scheu,

der Kuckuck holt das Schöffenamt,

man wird bis in die Hölle verdammt.

 

 

Unn wißt dehr, watt en Scheffe is?

en Kummandeer mähnt dehr gewiß.

O nä, eich sahnet ohne Hehl:

En Wiesbaam iewerm Wahn vull Fleh!

Und wisst ihr was ein Schöffe ist?

Ein Kommandant meint ihr gewiss.

Oh nein, ich sag es ohne Hehl:

Ein Wiesbaam über einem Wagen voll Flöhen.

 

 

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